Menschen, die Diskriminierung erfahren, erleben diese oft auch in Form von sogenannten Mikroaggressionen. Das sind Situationen, in denen die Personen bewusst oder unbewusst verletzt werden. Häufig sind es Vorfälle, die zeigen, dass eine Person nicht als „normal“ gesehen wird, sie nicht ernst genommen oder als gefährlich wahrgenommen wird.
Mikroaggressionen heißen so, weil sie in kleinen (=mikro) „Portionen“ auftreten und erst in Summe ihre wirklich schlimme Wirkung entfalten. Ein beliebter Vergleich sind Paper Cuts, also Papier-Schnittwunden: ein Paper Cut allein ist nervig, aber für die meisten Menschen völlig aushaltbar. Aber wenn hunderte oder gar tausende Paper Cuts bzw. Situationen zusammenkommen, dann ist es zermürbend.
Ein relativ bekanntes Beispiel dafür ist, dass deutsch sprechende BIPoC häufig überraschte „Komplimente“ für ihre guten Deutschkenntnisse bekommen, selbst wenn das ihre Erstsprache ist. Es wird angenommen, dass die Person auf Grund ihres Aussehens nicht Deutsch sein könne.
Ein weiteres Beispiel kommt aus der Umfrage:
„Wird mal langsam wieder Zeit fürs Training bei dir“ oder „bisschen laufen tut dir auch ganz gut.“ Je öfter sie gesagt werden, desto verletzender werden sie.Umfrage-Zitat
Deshalb leiden betroffene Personen auch häufig unter Minderheitenstress. Das bedeutet, dass sie in ihrem Alltag einem dauerhaften Stress ausgesetzt sind, den privilegiertere Personen nicht erleben. Minderheitenstress hat nachgewiesenermaßen einen negativen Einfluss auf die mentale Gesundheit.
Weil Mikroaggressionen einzeln betrachtet harmlos wirken können, sind sie nicht immer einfach zu erkennen. Auch viele Betroffene müssen erst lernen, dass ihr Unwohlsein mit bestimmten Situationen berechtigt ist und sie Diskriminierung erleben. Zudem führt die vermeintliche Harmlosigkeit dazu, dass den Betroffenen ihre Erfahrungen abgesprochen werden oder sie als „zu sensibel“ bewertet werden. Dadurch wird es für betroffene Personen immer schwieriger, Mikroaggressionen anzusprechen.
Gerade bei Mikroaggressionen führt eine Konfrontation der Verursachenden häufig auf ablehnende Reaktionen. Die Grenzüberschreitung wird heruntergespielt oder als „positiv gemeint“ verteidigt. Als privilegierte Person ist es nicht immer nachvollziehbar, wie (und wie oft) Situationen von marginalisierten Personen erlebt werden, oder wie schmerzhaft es ist, wenn die Zugehörigkeit ständig hinterfragt wird.
Weitere Beispiele für Mikroaggressionen:
- Eine Person, die eine Ausbildung macht, wird ständig gefragt, was sie denn studiert.
- Eine lesbische Person wird ständig gefragt, ob sie einen Freund hat
- Personen reagieren regelmäßig überrascht, wenn eine dicke Person sportlich ist.
- Es werden falsche Pronomen benutzt.
- Menschen werden konsequent mit einem falschen Namen angesprochen, z.B. unter dem Vorwand, der gewünschte Name sei zu kompliziert/ungewohnt.
Aussagen:
„Für eine Frau pompfst du ganz schön gut/bist ganz schön schnell.“
„Du kannst dich nicht so gut durchsetzen.“ (von Leuten die mich noch überhaupt nicht kannten)
„Dann musst du halt sicherer auftreten.“
„Für’s Team“ (deine Rolle hier ist gute Laune verbreiten und nett sein – das hatte mir nur vor dem Turnier noch niemand gesagt; ich dachte eig., dass ich zum Spielen da bin…;/)
Umfrage-Zitat
[…]
Sexistische Kommentare, wie z.B. „Du spielst erstaunlich gut für eine Frau“, „Frauen sind ja oft vorsichtiger“ usw. habe ich schon häufiger (oft vermeintlich scherzhaft) erlebt.
Umfrage-Zitat
Ich höre immer wieder abfällige Kommentare über übergewichtige Personen oder Menschen, die nicht dem Schönheitsideal entsprechen. Sehr viele kleine Situationen, keine, die besonders heraussticht.
Umfrage-Zitat
Um Mikroaggressionen zu reduzieren, müssen wir uns bewusst machen, welche Vorannahmen wir mitbringen. Eine Taktik kann sein, uns zu fragen, ob wir privilegierte Personen genauso behandeln würden, wie wir nicht-privilegierte Personen behandeln. Generell ist es eine gute Idee, keine ungefragten Kommentare über Menschen zu machen. Wie bei allen Diskriminierungsformen gilt auch bei Mikroaggressionen wieder, dass es das Beste ist, Betroffenen zuzuhören und sich selbst zu informieren.
Falls ihr euch weiterführend zum Thema „Mikroaggressionen“ belesen wollt, schaut gerne auf die ziemlich gute Wikipedia-Seite zum Thema: de.wikipedia.org/wiki/Mikroaggression